Mittwoch, 18. Oktober 2000

Aufmärsche angekündigt

Neonazis mobilisieren für den 4. November nach Berlin und Dessau. Berlins Innensenator sieht wenig Chancen für Verbot

Ralf Fischer / Junge Welt

Die »Kameradschaft Germania« will am 4. November vom S- Bahnhof Friedrichstraße durch Berlins Mitte bis zum Roten Rathaus marschieren. Auf den Internetseiten der Berliner »Kameradschaft« wird seit zwei Wochen für den Aufmarsch mobilisiert. Auch auf den Internetseiten des »Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Norddeutschland« um den Hamburger Neonazi Christian Worch wird für die Teilnahme geworben. Angemeldet wurde der erneute Aufmarsch von dem ehemaligen Kader der verbotenen Nationalistischen Front und Vorsitzenden der Jungen Nationaldemokraten Sachsen- Anhalt, Steffen Hupka.
Die Ankündigung der Demonstration ist ein weiterer Hinweis auf den Konflikt zwischen den »Freien Kameradschaften« und der NPD. Innerhalb der Partei soll schon ein parteiinternes Verfahren gegen Steffen Hupka eingeleitet worden sein. Der Vorstand befürchtet offenbar, den Behörden durch weitere Demonstrationen noch mehr Argumente für ein Verbot der NPD zu liefern.

Hupka hat inzwischen eine »revolutionäre Plattform« in der NPD gegründet. Diese will mit Gruppen wie der neonazistischen »Kameradschaft Germania« den Kampf um die Straßen fortsetzen. Obwohl das Motto »Für Versammlungs- und Meinungsfreiheit - gegen Verbote« eine Unterstützung für die Partei suggeriert, wird die Demonstration offiziell nicht von der NPD unterstützt.

Berlins Innensenator Werthebach (CDU) erklärte nach Bekanntwerden der Anmeldung, »daß das geltende Versammlungsrecht, so wie es die Verwaltungsgerichte auslegen, kaum Möglichkeiten geben wird, die Veranstaltung zu verbieten«.

Auch in Sachsen-Anhalt will die Kameradschaftsszene wieder die »Straße zurückerobern«. Für den 28. Oktober ist in Köthen ein Infostand der »Bürgerinitiative gegen Drogen« angemeldet. Diese Tarnorganisation der Köthener Neonazi- Szene hatte schon im Mai dieses Jahres eine Demonstration organisiert. Damals sprachen Hupka und Worch vor über 300 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet im Stadtteil Rüsternbreite. Die gleiche »Bürgerinitiative« hat für den 4. November in Dessau einen Aufmarsch angemeldet. Makaber ist die Zielrichtung des Aufmarsches »gegen Drogen«. Vor vier Monaten starb der Afrikaner Alberto Adriano an den Verletzungen durch einen Überfall von drei Neonazis im Dessauer Stadtpark.

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