Samstag, 3. März 2001

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Festnahme von Blood & Honour-Aktivisten in Tirol wirft Licht auf internationale Neonaziaktivitäten

Ralf Fischer / Junge Welt

In der vergangenen Woche nahmen italienische und österreichische Polizisten in Norditalien sowie in Österreich in der vergangenen Woche dreizehn Mitglieder der internationalen neofaschistischen Organisation Blood & Honour fest. Hauptziel der Durchsuchungen war die in der italienischen autonomen Provinz Alto Adige aktive Sektion der österreichischen Blood & Honour-Division. Alle Verhafteten sind Südtiroler deutscher Muttersprache.

Den dreizehn Neonazis werde rassistische Diskriminierung und Verherrlichung des Nationalsozialismus vorgeworfen, teilte die italienische Polizei in Bozen mit. Gegen acht weitere mutmaßliche Rechtsextreme seien Ermittlungen eingeleitet worden. Beim in Innsbruck festgenommenen deutschen Neonazikader handelt es sich um den aus Ravensburg stammenden Achim J.. Im Rahmen der großangelegten Polizeioperation »Schwarz, weiß, rot« wurde bereits seit einem Jahr gegen die Neonazis ermittelt.

Die ins Visier gekommene Blood & Honour-Division treibt schon über Jahre hinweg unter wechselnden Bezeichnungen ihr Unwesen. Seit Anfang der 90er firmiert sie unter dem Namen Skinheads Tirol im italienischen und österreichischen Teil Tirols. Seit dem Aufbau der Blood & Honour-Division Österreich vor zwei Jahren sind die Tiroler Skinheads ein wichtiger Bestandteil dieser Organisation.

Konkret wird den dreizehn Neonazis vorgeworfen, im Dezember zwei Italiener verprügelt und schwer verletzt zu haben, an einer Massenschlägerei zwischen italienischen und deutschen Skinheads teilgenommen zu haben und in einer Meraner Bar Nazilieder gesungen und dabei die Bombardierung Israels gefordert zu haben.

Die Verhafteten wurden nach ihrer Festnahme sofort in Einzelzellen gebracht. Der italienische Staatsanwalt Guido Rispoli befürchtet, daß die Neonazis ihre Aussagen untereinander absprechen, Zeugen zum Schweigen auffordern oder Beweise verdunkeln. Auch die Fluchtgefahr, so Rispoli, sei Grund dafür, daß die Neonazis in Isolationshaft sitzen. Die Blood & Honour-Leute haben gute Kontakte nach Österreich, Deutschland und Großbritanien.

Die seit dem September 2000 in Deutschland verbotene Organisation, so scheint es, ist auch für die deutschen Ermittler eine harte Nuß. Trotz des Verbotes organisierten die deutschen Sektionen über zehn Konzerte, an denen immer zwischen 200 und 600 Neonazis teilnahmen. Ulli Jentsch, Sprecher des Berliner Antifa-Pressearchivs, betonte gegenüber junge Welt, daß die Strukturen von Blood & Honour in Deutschland »von Anfang an auf ein mögliches Verbot vorbereitet waren« und »die deutsche Polizei teilweise bei ihren Ermittlungen versagt hat«.

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