Montag, 3. Juli 2000

Naziauktion unter Polizeischutz

Protestbrief an Diepgen fand kein Gehör

Ralf Fischer / Junge Welt

BERLIN. Das »Berliner Auktionshaus für Geschichte« veranstaltete am Sonnabend zum 32. Mal eine Auktion von Militaria vom Kaiserreich bis in die heutige Zeit. Die meisten der über 7 000 Exponate stammen aus der Zeit von 1933 bis 1945. »Persönliche Standarte Adolf Hitlers, detailgetreu in Handarbeit, Hakenkreuz im goldenen Eichlaubkranz... schön erhalten« - diese und andere Exponate erregten heftige Kritik. Auch der Bürosessel von Adolf Hitler, Büsten von führenden Funktionären des Dritten Reiches, Briefbeschwerer mit Hakenkreuz und Bücher wie die »Kleine Rassenkunde des deutschen Volkes« wurden auf der Versteigerung im Schöneberger Hotel »Sachsenhof« angeboten. Die Initiative »Europa ohne Rassismus« rief in einer Presseerklärung zu Protesten gegen die Versteigerung der Nazidevotionalien auf.

In einem am Freitag veröffentlichten Brief an den für die Justiz zuständigen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) wird ein Verbot der Veranstaltung gefordert. Zu den Unterzeichnern gehörten unter anderen der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, DGB-Landeschef Dieter Scholz, die Fraktionschefs von PDS und Grünen sowie SPD-Landesgeschäftsführer Ralf Wieland. Widerstand bei der Auktion gab es jedoch kaum. Niemand kam. Außer einigen autonomen Antifaschisten und DGB- Mitgliedern, die sich vor dem Hotel »Sachsenhof« trafen. Allerdings waren mehrere Polizeieinheiten zum Schutz der Veranstaltung in der Nähe aufgefahren.

Der Initiative zufolge soll die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin auf eine Anzeige hin den Verdacht strafbarer Handlungen bei der Auktion verneint haben. Ein Justizsprecher hatte auf Anfrage mitgeteilt, daß präventiv nicht eingegriffen werde könne. Allerdings sollte die Auktion »aufmerksam beobachtet« werden. An der Auktion beteiligten sich über 40 Personen, meist Altnazis, aber auch einige jüngere wollten sich diese Versteigerung nicht entgehen lassen Das »Berliner Auktionshaus für Geschichte« ist mehrfach in die Schlagzeilen geraten. Als hier 1998 KZ-Kleidung zum Kauf angeboten wurde, hatte die jüdische Gemeinde massiv protestiert. Auch mehrfache Durchsuchungen der Polizei in den Geschäftsräumen in der Motzstraße 7 führten nicht zur Schließung. Nach dem Gesetz dürfen Objekte aus der NS-Zeit nur versteigert werden, wenn sie die Käufer zu wissenschaftlichen Zwecken verwenden. Dies war jedoch nicht der Fall, die Käufer sind ausschließlich Alt- und Neonazis.

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