Deutsche Neonazis solidarisieren sich mit 'islamischen Völkern'
Ralf Fischer / Mut gegen rechte Gewalt
Als der NPD-Bundesvorsitzende, Udo Voigt, im Herbst 2002 gemeinsam mit dem Holocaustleugner Horst Mahler eine Veranstaltung der islamitischen Gruppe Hizb ut-Tahrir in der Technischen Universität zu Berlin besuchte, gingen viele Rechtsextremismusexperten noch davon aus, dass eine Allianz zwischen den beiden Antipoden kaum möglich wäre. Damit haben sie Unrecht.
Mit dem Amtsantritt des neuen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad vor über einem halben Jahr haben viele neonazistische Gruppierungen in Deutschland ihre Liebe für die Mullahs entdeckt. Das Interesse diese Allianz speist sich aus dem beiderseitigen Wissen um den gemeinsamen Feind. Vor allem aber erst die antisemitischen Hasstiraden von Ahmadineschad vor der Weltöffentlichkeit haben den Stellenwert des Präsidenten der Islamischen Republik Irans ins Blickfeld deutscher Rechtsextremisten gerückt.
Bisherige Höhepunkt der gegenseitigen Liebesbekundungen war
auf der einen Seite die Einladung aus dem Iran an Horst Mahler an
einer internationalen Tagung von Revisionisten in Teheran
teilzunehmen und die Ankündigung des Landesverbandes Sachsen der
NPD, der iranischen Fußballmannschaft unter dem offiziellen Motto Die Welt zu Gast bei Freunden in Leipzig die Ehre zu erweisen.
Mahler konnte der Einladung nicht folgen, da ihm für den infrage
kommenden Zeitraum den Pass entzogen wurde. Was genau die NPD während
der Spiele der iranischen Nationalmannschaft plant ist noch
unbekannt, aber allein vier Demonstrationen in der Zeit der WM hat
die NPD bereits in Leipzig angemeldet. Dort spielt der Iran
bespielsweise am 21. Juni gegen Angola.
Gemeinsam gegen den
'Oneworldterror'
Doch die neue Völkerfreundschaft wird schon überall
von den braunen Kameraden gepriesen. Und sie geht weit über bloße
Lippenbekenntnisse hinaus: Derzeit wird auf den Internetseiten von
'Freien Nationalisten' aus Ostdeutschland dazu aufgerufen, sich im
Falle einer von der USA angeführten Militäroperation gegen den Iran
spontan auf der Straße zu versammeln um Solidarität mit dem Iran,
dem "Symbol der freien Welt" wie es in dem Aufruf so
larmoyant formuliert wird, zu demonstrieren. Das Pamphlet welches in
rechten Internetforen kursiert, erinnert an viele Aufrufe aus der
radikalen Linken im Vorfeld des Irakkrieges. Sprache und Diktion
ähneln sich bis ins Detail. So rufen die Rechten ebenso wie ihr
linker Gegenpart vor drei Jahren zu einem so genannten Tag X
auf.
Gänzlich verwunderlich ist das aber wiederum auch nicht. Wenn
sich radikale Linke und extreme Rechte in einem Punkt recht einig
sind, dann in der kategorischen Ablehnung des Imperialismus. Für
beiden Seiten symbolisieren den Imperialismus vor allem die Staaten
USA, Großbritannien und Israel, europaweit schimpfen sie oft auch
über die "Ostküste", weil sie im Osten der USA viele
Juden vermutet. Das ist auch der ideologische Kitt der die deutschen
Neonazis und die iranischen Mullahs zu Verbündeten macht, der Kampf
gegen das Judentum und vermeintliche Imperialisten. Für die Neonazis stellt
der Iran das „Symbol der freien Welt“ dar, nicht die USA.
In
ihrem Aufruf zur Mobilmachung werfen die Neonazis den amerikanischen
Geheimdiensten vor, mittels der Mohammed-Karikaturen in einer
dänischen Zeitung den Kampf der Kulturen überhaupt erst zu
provozieren. Ähnliches konnte man in den letzten Monaten auch auf
linken oder islamistischen Internetforen lesen.
Antisemitische
Sammlungsbewegung?
Trotzdem bleiben sich die Neonazis in einem Punkt
treu: So heißt es zwar in dem Aufruf "Solidarität mit dem Iran",
dass man sich zur Freiheit der islamischen Völker bekennt und sich
mit ihnen solidarisiert im Kampf gegen den US-Imperialismus, aber
einer "Islamisierung" treten die Nationalisten aus Ostdeutschland
dennoch entgegen, unlängst vorgeführt beim demagogischen Protest
gegen einen Moscheebau in Berlin-Pankow.
Die Verbrüderung mit den
iranischen Mullahregime bedeutet für strammdeutschen Kameraden nicht
Solidarität im praktischen Sinne, sondern einfach die Möglichkeit
den Presserummel der im Falle eines Angriffes auf den Iran
auszunutzen um ihre eigenen Propaganda zu betreiben.Ideologisch
bleiben Neonazis und die Führung des Iran deshalb trotzdem Brüder
im Geiste. Vor allem da zwischen der deutschen Variante des
Antisemitismus und der iranischen nur ein hauchdünnes Blatt Papier
passt.
Diese Tatsache und die politische Konjunktur sind zwei
Garanten dafür, dass der Brückenköpfe zwischen den Antisemiten aus
dem Orient und jenen aus dem Okzident stetig weiter ausgebaut wird.
Trotzdem gilt es dabei einen Unterschied ums Ganze immer im Auge zu
behalten: Die Mullahs in Teheran haben womöglich bald eine Atombombe
und die damit verbundene Macht. Von solch einer Macht können die
Neonazis in Deutschland vorerst nur träumen. Ihre Waffen sind
anderer Art.
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