Montag, 18. Juni 2012

Mit Euros gegen die Krise

Regen und Gebiet: Der Spieltag in Gruppe D

Ralf Fischer / Junge Welt

Es ist, wie es ist. Wenn ein sympathischer Außenseiter zum Höhenflug ansetzt, hagelt es Hindernisse aus allen Ecken und von allen Seiten. Manchmal reicht auch schon ein kleines Gewitter. So erlebten die Zuschauer am Freitag statt einem ukrainischen Sturm im Donezbecken, wie eine routinierte französische Mannschaft sich drei Punkte sicherte und damit die aufkeimenden Hoffnungen des Gastgebers gnadenlos pulverisierte. Die Franzosen, die nun mit vier Punkten und der besten Tordifferenz in der Gruppe den Einzug ins Viertelfinale beinahe sicher in der Tasche haben, brauchen in ihrem letzten Spiel gegen die demoralisierten Schweden nur noch einen Punkt zu holen um sicher in das Viertelfinale einzuziehen.

Die Schweden sorgten bisher nur für Schlagzeilen jenseits des Spielfeldes, auf dem Spielfeld vermieden sie es – wie es sich für einen höflichen Gast gebietet –, den anderen Teams den Spaß am Turnier frühzeitig zu verderben. Brav spielten sie immer mit, schossen sogar das eine oder andere Mal das Führungstor, um die Spannung hochzuhalten, um dann am Ende aber jedes Mal mit einem Tor Unterschied zu verlieren. Und das sogar gegen den erklärten Lieblingsgegner aus England. Eine Niederlage mit beinahe historischen Dimensionen: In den letzten 43 Jahren gelang es den »Three Lions« nur ein einziges Mal, die Skandinavier zu besiegen.

Aber selbst in dieser Situation muß man sich um die Stimmung bei den Schweden keinerlei Sorgen machen. Deren neckische Trainingsspielchen, wonach derjenige Spieler, der beim Ballhochhalten als Erster patzt, bei heruntergelassener Hose von den Mitspielern die Bälle auf den Allerwertesten geschossen bekommt, hat sogar schon Menschenrechtsorganisationen auf den Plan gerufen. Der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt ließ sich ebenfalls dazu hinreißen, öffentlich einen moralischen Rüffel über diese Art der »Erniedrigung« auszusprechen.

Dabei wäre es doch eher einmal angebracht zu überprüfen, ob da in der Gruppe D alles mit rechten Dingen zugeht. Im Spiel gegen England lagen die Schweden zwischenzeitlich mit 2:1 vorne, um sich dann beinahe artistisch von den Babyboomern im englischen Sturm noch die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Gegen die Ukraine lag man mit 1:0 vorne, bis der Veteran Schewtschenko zweimal innerhalb von zehn Minuten von seinem Rentnerdasein auf dem Platz abließ. Es bleibt ein schaler Beigeschmack: Möglicherweise wetten ja die schwedischen Spielerfrauen im Auftrag ihrer männlichen Goldfüßchen auf den Sieg der gegnerischen Mannschaft mit einem Tor Unterschied. Das bringt viel Schotter, aber wohl nicht annähernd soviel Geld wie für die Spieler der Ukraine, deren Verband allein für den ersten Sieg eine halbe Million Euro Prämien an die Mannschaft auszahlte. Im Falle des Turniersiegs bekommen sie sogar über zehn Millionen Euro.

Im letzten Gruppenspiel treffen nun die ukrainischen Gastgeber auf die mit der fiesesten Visage Englands, Wayne Rooney, verstärkten Three Lions. Vielleicht hätten die Engländer sich das Geld für die Zeremonie zum 60jährigen Jubiläum der Queen sparen sollen, um statt dessen die Prämien etwas aufzustocken. Denn mal ehrlich, was erlebt man eher: daß England Europameister wird oder daß die Queen noch zehn Jahre durchhält?

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