Samstag, 14. April 2001

Auf der Suche nach einer Organisationsform

Vom 20. bis 22. April findet in Göttingen der diesjährige Antifa-Kongreß statt

Ralf Fischer / Junge Welt

»Die Entwicklung organisierter antifaschistischer Politik ist an einem Punkt angelangt, der einige grundlegende Überlegungen und eine Neuorientierung notwendig macht.« Mit diesen Worten laden die Autonome Antifa aus Göttingen, das Bündnis gegen Rechts aus Leipzig und die Antifaschistische Aktion Berlin (AAB) zum Kongreß nach Göttingen. Sie alle verbindet das Ziel, revolutionäre linke Gruppen über das Antifaspektrum hinaus an einen Tisch zu bringen und nach gemeinsamen Ansätzen antikapitalistischer Antifapolitik zu suchen.

Schon im Herbst 1999 sollte der »Verstärkerkongreß« in Leipzig den Austausch und die Vernetzung der Antifaszene forcieren, doch die Fortführung der in Leipzig betriebenen Diskussionen und Debatten scheiterte. Die schlechte Kommunikation zwischen den einzelnen Antifagruppen und die unterschiedlichen Voraussetzungen der Gruppen vor Ort machten es unmöglich, die in Leipzig begonnenen Debatten bundesweit fortzuführen. Auch die Organisierung des jetzt geplanten Kongresses lief schwieriger an als gedacht. Die Idee eines »Verstärkerkongresses« war in der Antifaszene zwar sehr positiv aufgenommen worden, es fanden sich aber nur zwei Gruppen, die an das initiierende Bündnis gegen Rechts aus Leipzig herantraten, um ihre Hilfe anzubieten.

Mit dem diesjährigen Kongreß soll nun endlich ein Rahmen geschaffen werden, um eine kontinuierliche Diskussion über die Neuorientierung bundesweiter linksradikaler Politik einzuleiten. Nach der Vorstellung der organisierenden Gruppen soll längerfristig eine Struktur entstehen, die die Möglichkeit bietet, die angestellten Überlegungen umzusetzen, um so die vorhandenen Kräfte zu einigen. So sollen auf dem Kongreß Ideen zukünftiger gemeinsamer Politik sowie das Konzept einer bundesweiten linksradikalen Zeitschrift vorgestellt werden.

Doch die Spaltung steht schon im Programm. Im Tagesablauf für den zweiten Tag des Kongresses findet sich auch ein Workshop zur Vergewaltigungsdebatte der letzten Jahre in Berlin. In diesem Workshop will die beschuldigte Gruppe, die AAB, Stellung zu den Vorwürfen und ihrem Text »Die neue Sachlichkeit« beziehen. Frauengruppen haben in mehreren autonomen Zeitungen allerdings dazu aufgerufen, diese Veranstaltung zu »verhindern«. Es ist sehr wahrscheinlich, daß dieser Workshop nicht zur besseren Verständigung innerhalb der Antifaszene betragen wird.

Das restliche Programm läßt da eher hoffen. Es ist in zahlreiche Vortrags-, Podiums- und Diskussionsveranstaltungen, Workshops sowie ein kulturelles Rahmenprogramm gegliedert. Neben einer Eröffnungsveranstaltung zum Hintergrund des Kongresses sollen zunächst unter dem Titel »Wo steht die Antifabewegung« Geschichte, Entwicklung und Standortbestimmung der Antifabewegung im Zuge der sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen analysiert und diskutiert werden. Darauf aufbauend werden sich Workshops zum Beispiel mit der Zusammenarbeit von antifaschistischen und antirassistischen Gruppen, der Überwachungsgesellschaft und der »Anti-Globalisierungs-Bewegung« beschäftigen. Auf der Abschlußveranstaltung soll dann ein Organisationsmodell zukünftiger linksradikaler Politik entwickelt werden.

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