Freitag, 13. Januar 2012

Der nächste Schritt

Dagegen, daß im Fußball fast alles nur noch Geschäft ist: In Berlin beginnt morgen der »Fan-Kongreß 2012«

Von Ralf Fischer / Junge Welt

Für deutsche Fußballfans war das Jahr 2011 eine besondere Herausforderung. Beinahe wöchentlich flimmerten Berichte von Ausschreitungen über die Mattscheiben, meist gepaart mit populistischen Forderungen nach härteren Gesetzen und mehr Repression. Solche Berichte prägen das Bild der Fans in der öffentlichen Wahrnehmung. Positiv wird höchstens einmal das brave Klatschpublikum erwähnt; in Abgrenzung zu den bösen Ultras. Besonders deutlich wird das, wenn es um Pyrotechnik geht. Mit einer lapidaren Pressemitteilung erklärte der DFB im Herbst die Diskussion um Pyrotechnik für beendet. Dem war ein längerer Dialog mit Befürwortern vorausgegangen, die die Kampagne »Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren« aufgelegt hatten und größtenteils aus der Ultraszene stammen. Der einseitige Abbruch des Dialogs ließ diese Fans resignieren. In den Stadien wurde wieder mehr Pyrotechnik eingesetzt. DFB und DFL demonstrieren in der Öffentlichkeit weiterhin selbstbewußt ihren Unwillen, das Thema überhaupt nur zu diskutieren. Wieder einmal wurde deutlich, daß die Fans nicht als Gesprächspartner auf Augenhöhe akzeptiert werden.

Am Wochenende veranstalten verschiedene Faninitiativen den »Fan-Kongreß 2012« im Berliner Kosmos, einem ehemaligen Kino.

Fußballfans haben auch andere Sorgen als die Pyrotechnik. Anstoßzeiten werden den Interessen der Vermarkter von Fernsehrechten unterworfen, Vereine zu Marken beziehungsweise Konzernen umdefiniert, der Datenschutz wird tagtäglich mit Füßen getreten. Beachtet man allein die Idee personalisierter Tickets, scheint sicher: In der Zukunft wird es kaum besser.

Aufgeben wollen die organisierten Fußballfans trotzdem nicht. Mit einer Mischung aus Verzweiflung und dem Trotz eines kleines Kindes, das sich sein Spielzeug nicht wegnehmen lassen will, pochen sie auf ihr Recht, wenigstens etwas Einfluß auf ihren Sport zu nehmen, der längst fast nur noch Geschäft ist. Vereinsfunktionäre, Wissenschaftler und Vertreter von Fanorganisationen wollen auf dem Kongreß alle strittigen Themen diskutieren. »Es ist an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen«, erklären die Organisatoren. »Wir sind bereit zu diskutieren, zu analysieren, zu reflektieren und Konzepte zu entwickeln.« Fraglich bleibt, ob sich die zu entwickelnden Konzepte nicht genau darin erschöpfen, daß man für etwas mehr Mitsprache jeden nonkonformistischen Anspruch sausen läßt.

Ab Samstag 9 Uhr im »Kosmos«, Karl-Marx-Allee 131a in Berlin; www.fankongress-2012.de

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