Montag, 23. Januar 2012

Dotcom offline

Filesharing-Seite »Megaupload« gesperrt, Kim Schmitz verhaftet

Von Ralf Fischer / Junge Welt

Vor einem Monat trällerten ihr noch Prominente wie Kanye West, Alicia Keys, Chris Brown oder Snoop Dogg ein Liedchen, nun ist sie offline. Die Internetseite Megaupload wurde auf Veranlassung der US-amerikanischen Bundeskriminalpolizei FBI vom Netz genommen. Sieben Verdächtige wurden angeklagt, darunter auch mindestens drei deutsche Staatsbürger. Die US-Behörden werfen den Betreibern von Megaupload massive Urheberrechtsverletzungen vor.

In den Augen der Musik- und der Filmindustrie war die Internetplattform der ultimative Hort des Bösen. Der Vorwurf, die Filesharing-Seite sei selbst in die illegale Verbreitung von Raubkopien involviert, stand schon länger im Raum. Nun hat das FBI die Festnahme von drei Deutschen und eines Niederländers in Neuseeland veranlaßt. Bei der Durchsuchung des Anwesens der Betreiber von Mega­upload fanden die Beamten Wertgegenstände und Geld im Wert von über drei Millionen Euro. Außerdem fanden sie einen Rolls Royce Phantom sowie mehrere Gemälde. Kim Dotcom, früher bekannt unter dem Namen Kim Schmitz, versuchte sich, der Verhaftung zu entziehen.

Der Gründer von Megaupload ist in Deutschland kein Unbekannter. Der 37jährige mit deutscher und finnischer Staatsbürgerschaft galt in den 90er Jahren als Internetikone. In Jugendjahren fing er als Raubkopierer an, arbeitete sich hoch bis zum landesweit bekannten Hacker, um dann spektakulär die Seiten zu wechseln und als Sicherheitsberater für bekannte Firmen zu arbeiten. Sein eigenes Sicherheitsunternehmen DataProtect verkaufte er zu 80 Prozent an den TÜV Rheinland, kurz bevor es pleite ging. Auch seine Auftritte in der Boulevardpresse waren immer etwas Besonderes. Der schwergewichtige Mann ließ sich vor großen Limousinen mit schönen Frauen ablichten, und natürlich dürfen die Prominenten nicht fehlen.

Mal behauptete er, während des Golfkriegs in die Militärcomputer des US-Verteidigungsministeriums eingebrochen zu sein. Dann wurde berichtet, er habe das Kreditlimit von Helmut Bundeskanzler Kohl mit einem Hackerangriff auf null gesetzt. Es war immer eine gewisse Portion Wahnsinn im Spiel. So bot er ebenfalls eine Zehn-Millionen-Dollar-Belohnung nach den Anschlägen vom 11. September 2001 für Hinweise an, die zur Ergreifung von Osama bin Laden führen. Kurz darauf ließ er das Gerücht in Umlauf bringen, daß er der maroden Firma letsbuyit.com mit 50 Millionen Euro unter die Arme greifen will. Als sich diese Nachricht verbreitete, sorgte das für die erhofften Kursanstiege an der Frankfurter Börse. Schmitz verkaufte seine Anteile für eine Rekordsumme. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen wegen Insidergeschäften auf.

Nun wurde er auf dem Anwesen in Neuseeland verhaftet. Laut Polizei hatte Schmitz, als er die Beamten erblickte, versucht sich in einen speziell gesicherten Raum im Inneren seines Hauses zu verstecken. Erst habe er »eine Reihe elektronischer Schließsysteme betätigt« und dann versucht, sich in dem Raum zu verbarrikadieren. Mit Schneidwerkzeugen bahnten sich die Polizeibeamten den Weg. »Im Raum fanden sie Mr. Dotcom in der Nähe einer Waffe, die aussah wie eine abgesägte Flinte.« Ihm und seinen Partnern drohen in den USA wegen Austauschs von Raubkopien bis zu 20 Jahre Haft.

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