Mittwoch, 2. Mai 2001

Bürgerkriegsübung

NPD konnte im Schutze der Polizei in Berlin aufmarschieren

Ralf Fischer / Junge Welt

Begleitet durch massive Polizeimaßnahmen konnten am gestrigen 1. Mai rund 900 Anhänger der neofaschistischen NPD und der »freien Kameradschaften« unter dem Motto »Arbeit zuerst für Deutsche« durch den Berliner Stadtbezirk Hohenschönhausen marschieren. Antifaschistischen Gegendemonstranten gelang es nur vereinzelt, an die von der NPD organisierte Demonstration heranzukommen oder diese gar zu stören.

Nachdem vergangene Woche der NPD-Aufmarsch aus der Innenstadt nach Hohenschönhausen verlegt worden war, verhängte die Polizei über den nordöstlichen Außenbezirk eine Bannmeile. Polizeihubschrauber in der Luft, uniformierte Polizisten an jeder Straßenecke und verdeckte Polizeibeamte unter den Gegendemonstranten sollten die reibungslose Durchführung des NPD-Aufmarsches ermöglichen.

Dementsprechend glich der Bezirk am Vormittag einer Bürgerkriegsregion. Ab acht Uhr morgens mußten Personen, die nach Hohenschönhausen wollten, Ausweiskontrollen und Durchsuchungen über sich ergehen lassen. Zurückweisungen für angebliche Antifaschisten oder Linke waren an der Tagesordnung.

Die kurzfristige Veränderung des Sammelpunktes der NPD-Anhänger war laut Polizeiangaben Teil ihrer Deeskalationsstrategie und sollte der Verhinderung von Auseinandersetzungen dienen. Doch trotz aller Bemühungen, den Neonazis einen störungsfreien Aufmarsch zu gewährleisten, kam es zu Protestaktionen. Rund 300 Demonstranten versuchten, den von Hunderten Polizisten abgeschirmten Neonaziaufmarsch zu behindern. Es kam zu einzelnen Rangeleien, als Antifaschisten versuchten, eine friedliche Blockade zu organisieren. Die Polizei konnte jedoch jeglichen Blockadeansatz erfolgreich verhindern.

Trotzdem ist für die Antifa Hohenschönhausen die kurzfristige Organisierung von Widerstand in ihrem Bezirk zufriedenstellend. Es war ihrer Meinung nach kaum zu erwarten, daß ähnlicher Widerstand gegen den Aufmarsch der Neonazis zustande käme wie im linksalternativen Bezirk Friedrichshain.

Zu den 900 Neonazis, die sich am S-Bahnhof Hohenschönhausen am Vormittag sammelten, sprachen unter anderem der NPD-Vorsitzende Udo Voigt sowie der NPD-Verteidiger Horst Mahler. Doch neben dem NPD-Umfeld waren auch viele Anhänger der »Kameradschafts«szene an der Demonstration beteiligt. So trat auch die »Berliner Kameradschaft Germania« auf der Demonstration mit einem eigenen Block auf. Am Ende der Demonstration wurden einzelne Personen verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, verfassungsfeindliche Symbole und Kennzeichen gezeigt zu haben.

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