Donnerstag, 27. April 2006

Denn er wusste, was er tat…

Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm sorgt für Eklat bei der Befreiungsfeier des KZ Sachsenhausens

 

Ralf Fischer / Mut gegen rechte Gewalt


Bei der zentralen Gedenkfeier für die Überlebenden des Konzentrationslagers Sachsenhausen erinnerte der Innenminister von Brandenburg, Jörg Schönbohm, auch an die Menschen die nach 1945 im sowjetischen Internierungslager "ebenso rechtlos" eingesperrt waren. Die anwesenden ehemaligen KZ-Häftlinge protestierten gegen diese Form der Verharmlosung des Nationalsozialismus. Zu Recht.

Der Anlass des Gedenkens war eigentlich allen Teilnehmern zur Genüge bekannt: am 23. April 2006 ging es im Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg nicht um das Gedenken an die Opfer des Totalitarismus im 20. Jahrhundert, sondern um den 61. Jahrestag der Befreiung des KZ durch sowjetische und polnische Soldaten. Schwarz auf weiß war dies im Vorfeld für jeden Besucher den Einladungen zu entnehmen.

Dafür, dass es trotzdem ein prominenter Redner schaffte, diese Tatsache zu verdrängen, gibt es keine Entschuldigung. Auch nicht jene, die in diesen Tagen gerne in der Presse kolportiert wird, dass womöglich der eigene Vater oder andere Familienangehörige im sowjetischen Internierungslager unschuldig ums Leben kamen. Des Weiteren kann auch beim besten Willen, kein guter Wille darin gesehen werden, dass mehrere Tage nach dem gezielten Tabubruch in der Öffentlichkeit von dem Redner selbstkritisch eingeräumt wird, dass „im Sinne der Opfer“ ein Fehler begangen wurde. Ein strategisch motiviertes Ablenkungsmanöver und zu spät. Jedenfalls als ernstzunehmender Versuch die Wellen der Empörung zu glätten kann die Aussage nicht angesehen werden.

Als Jörg Schönbohm, der Vertreter der brandenburgischen Landesregierung, in seiner Rede am 23. April in Sachsenhausen ansetzte zu seinem Ritt durch den Täter- und Opferwald, da wollte er die einzelnen Bäume vor lauter Wald nicht mehr unterscheiden. In der Rede vor über 80 Überlebenden des KZ und ihrer Angehörigen verschwammen die Opfer des Nationalsozialismus in einer breiigen Masse mit jenen die als Nazis zu Recht nach 1945 in Internierungslagern verbracht wurden und denjenigen die unschuldig in die Fänge der Stalinisten gerieten. Im Meer der Opfer des 20. Jahrhunderts gingen für Schönbohm die Unterschiede komplett baden.

Den Schock der Überlebenden des KZs auf die den Nationalsozialismus und seine Verbrechen relativierende Wald- und Wieserede brachte sofort im Anschluss an die Rede des Innenministers ein Vertreter des Internationale Sachsenhausen Komitees (ISK) zur Sprache. Er wies die Behauptungen Schönbohms mit aller Schärfe zurück und verwies darauf, dass 80% derer die nach 1945 im Internierungslager eingesperrt waren, entweder KZ-Wärter oder NS-Systemträger waren. Oder sogar beides.

Die, mit dem Versuch die Gefangenen des sowjetischen Internierungslagers auf eine Stufe mit den Opfern des nationalsozialistischen Lagersystems zu stellen, einhergehende Relativierung des NS, wollte der Generalsekretär des ISK nicht hinnehmen. Und auch die Zivilgesellschaft tut gut daran dies nicht hinzunehmen, egal ob derjenige der gerade den Versuch dazu unternimmt, nun ein wichtiger Minister oder ein einfacher Türsteher ist.

Dienstag, 18. April 2006

Mordversuch aus Fremdenhass

Deutsch-Äthiopier von Rassisten halb tot geschlagen

 

Ralf Fischer / Mut gegen rechte Gewalt


Am vergangenen Sonntagmorgen wurde in Potsdam der 37-jähriger Wasserbauingenieur Ernyas M. von zwei unbekannten Tätern angegriffen und lebensgefährlich verletzt. Die Polizei geht von einem fremdenfeindlichen Motiv aus, denn das eingeschaltete Handy des Opfers übertrug die Tat. Die Stimmen der Täter hat die Polizei ins Internet gestellt.

Beim Abspielen des Telefonats auf der Pressekonferenz lief es so manch einem Pressevertreter kalt den Rücken herunter. Neben den vielen nicht deutbaren Geräuschen und Wortfetzen ist ein Wort immer wieder deutlich zu hören: 'Nigger'. Offenbar hat das Opfer versucht seine Frau anzurufen, aber die war nicht ans Telefon gegangen, so dass der Anrufbeantworter ansprang und das aufzeichnete, was die Polizei als Beginn der Auseinandersetzung ansieht. Nach insgesamt fast zwei Minuten bricht das Telefonat ab. 'Oh je!' ist das Letzte, was deutlich zu hören ist. Das Gespräch kann mittlerweile auch über die Telefon-Nummer 0331 - 283 53 777 abgehört werden.

Seit jenen Morgenstunden kämpfen die Ärzte um das Leben des 37-Jährigen Deutschen mit afrikanischer Herkunft. Mit einem schweren Schädel- und Gehirntrauma, Knochenverletzungen, einem verletzten Auge und Erbrochenem in der Lunge wurde er ins Krankenhaus eingeliefert. Nur ein Schlag oder Tritt mehr und der Mann wäre vermutlich tot gewesen, so Benedikt Welfens, Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Was die Verletzungen verursachte ist bis jetzt noch nicht klar. "Stumpfe Gewalt gegen den Kopf", heißt es seitens der Polizei. Verursacht durch eine unbekannte Waffe oder durch Tritte mit Stiefeln gegen den Kopf, als das Opfer schon am Boden lag, genau könne man das noch nicht sagen.

Womöglich hat ein Taxifahrer Ernyas M. das Leben gerettet. Auf der Fahrt zu einer nahen Diskothek, sah er bereits, dass sich Täter und Opfer an der Haltestelle im Gespräch befanden. Auf der Rücktour habe er dann den Mann an der Ecke Zeppelinstraße/Nansenstraße auf dem Boden liegen sehen. Daraufhin stieg der Taxifahrer aus und die Täter flüchteten in Richtung Innenstadt. Zwar versuchte der Taxifahrer den beiden Tätern noch zu Fuß zu verfolgen, aber nach ergebnisloser Verfolgung ist er an der Ecke Zeppelinstraße/Stiftstraße umgekehrt, um dem Opfer zu helfen.

Zivilgesellschaftliche Solidaritätskundgebung mit dem Opfer

Eine Reaktion der Potsdamer Zivilgesellschaft auf diesen brutalen Angriff lies nicht lange auf sich warten. Schon einen Tag nach dem Übergriff demonstrierten über 500 Menschen in der Potsdamer Innenstadt zwei Stunden lang ihre Solidarität mit dem Opfer und gegen rechte Gewalt. Vom Platz der Einheit ausgehend ging es bis zum S-Bahnhof Charlottenhof und wieder zurück. Zumeist junge Antifaschisten aus Berlin und Potsdam waren an der Demonstration durch die brandenburgische Landeshauptstadt beteiligt.

Angemeldet hat die Demonstration Lutz Boede von der Kampagne gegen Wehrpflicht aus Potsdam. Die Stimmung ist kämpferisch solidarisch. Als sich der Demonstrationszug losbewegt ertönen Sprechchöre, die dazu auffordern den Neonazis die Straße zurück zugeben, und zwar Stein für Stein. Doch trotz dieser verbalen Militanz ist es eher ein breites Bündnis, welches auf der Straße gegen jeden Rassismus und rechte Gewalt demonstriert. Mitglieder der Grünen bekunden Seit an Seit mit jugendlichen Autonomen und Anhänger der PDS sowie der DKP ihre Abscheu.

Übergriffe im Wochentakt

Vielen steht die Wut ins Gesicht geschrieben, sie haben erst vor kurzem erfahren, was am 16. April Frühmorgens in Potsdam geschah. Unter ihnen ist auch Tamás Blenessy. Vor einem Jahr wurde der Student auch Opfer eines Überfalles von Neonazis. Er war erschüttert als er die Nachricht vom Geschehen an der Straßenbahnhaltestelle bekam, aber überrascht hat es ihn nicht. Rechte Übergriffe, nicht immer in dieser Dimension, finden, nach seiner Aussage, derzeit im Wochentakt in Potsdam statt.

Die Brutalität mit der die Täter gegen ihn vorgingen, erinnert Blenessy an das Vorgehen der Neonazis damals gegen ihn. Doch er hatte mehr Glück als der aus Äthopien stammende Ernyas M., dass steht für ihn fest. 

Für die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, beweist der Übergriff wieder einmal mehr, wie wichtig eine kontinuierliche gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rassismus wäre und dass besonders Opferberatungen in Ostdeutschland als wichtiger Bestandteil der Zivilgesellschaft finanziell gefördert werden müssen. Sie ruft dazu auf Geld zur Betreuung und Behandlung von Ernyas M. und seiner Familie, aber auch zugunsten vieler anderer, oft unbekannter Opfer rassistischer Gewalt zu spenden. Das sei die Gesellschaft den Opfer rechter Gewalt schuldig.

Dienstag, 11. April 2006

Hassprediger in Deutschland willkommen?

Irans Präsident Ahmadineschad überlegt einen Abstecher zur Fußball-WM nach Deutschland zu machen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) heißt ihn schon einmal vorsorglich willkommen.

 

Ralf Fischer / Mut gegen rechte Gewalt


Die Ankündigung des Holocaust-Leugner und Israelfeindes Mahmud Ahmadineschad vielleicht die iranische Nationalmannschaft auf ihrem Trip zur WM in Deutschland zu begleiten, sorgt für einige Diskussion im deutschen Blätterwald. Doch gibt es da überhaupt etwas zu diskutieren?

International bekannt geworden ist der aktuelle iranische Präsident durch seine breitenwirksame antisemitische Öffentlichkeitsarbeit. Als Präsident eines Landes, welches sich selbst als 'Land der Arier' bezeichnet, formulierte er kurz nach seiner Wahl zum neuen Präsident im vergangenen Jahr in die Mikrofone der internationale Presse Sätze wie diesen: "Einige europäische Länder pochen darauf, dass Hitler Millionen unschuldiger Juden in Öfen getötet hat. Wir akzeptieren diese Behauptung nicht."

Und um auch ja kein Missverständnis an seiner Gesinnung aufkommen zu lassen, schob er in regelmäßigen Abständen neue Hasstiraden in Richtung Israel hinterher. Im Dezember 2005 sprach er sich im iranischen Fernsehsender El-Alam für eine 'Verlegung' des Staates Israel nach Deutschland und Österreich aus und behauptete, das Ausmaß des Holocaust werde übertrieben dargestellt. Weiterhin bezeichnete er Israel als 'Krebsgeschwür'.

Nur wenige Tage später erklärte er in einer im staatlichen Fernsehen übertragenen Rede in der Provinz Sistan-Balutschestan: "Der Mythos vom Massaker an den Juden ist von den westlichen Staaten erfunden worden, um mitten in der islamischen Welt einen jüdischen Staat zu errichten." Woraufhin ihn die Tel Aviver Zeitung 'Haaretz' mit Adolf Hitler "diesem anderen gewählten Führer, der Juden zu vernichten versprach" verglich.

Falsch verstandene Gastfreundschaft

Nun dürfte man eigentlich davon ausgehen, dass der Bundesinnenminister Schäuble all diese Hasstiraden bis ins kleinste Detail kennt. Und trotzdem heißt Schäuble den Hassprediger aus Teheran willkommen. In der Öffentlichkeit wird Schäuble sogar mit dem Satz: "Mein Rat ist, wir sollten gute Gastgeber sein" zitiert.

Gute Gastgeber? Es fragt sich nur für wenn!

Für einen Präsidenten dem die Beteiligung an terroristischen Aktionen zur Last gelegt wird und der – ganz im Gegensatz zum Credo der WM – jede Sekunde in der Öffentlichkeit dazu nutzt um gegen jede friedliche Völkerverständigung zu argumentieren? Es wäre ein nicht wieder gut zu machender Skandal.

Weitere Zitate zum Thema:

"Der iranische Präsident Ahmadineschad ist ein Antisemit übelster Sorte, aber es gibt keine rechtlich keine Möglichkeit, ihm die Einreise zu verwehren. Wenn er als Regierungschef eines WM-Teilnehmerlandes zur Fußball-WM kommen möchte, dann wird man sich nicht darüber freuen, aber gleichwohl hinnehmen müssen. Das wird kein unproblematischer Besuch werden, man wird ihn sehr sorgfältig vorbereiten müssen.

Es kommt ja hinzu, dass die rechtsextremistische Szene in Deutschland mit Blick auf die Fußball-Weltmeisterschaft insbesondere im Umfeld iranischer Spieler Aktivitäten plant, weil sie den Antisemitismus des iranischen Präsidenten für gut heißt. Es wäre sicher für alle Beteiligten besser, wenn er auf seine Reisepläne verzichten würde." Sebastian Edathy, SPD-Innenpolitiker und Mitglied des Bundestages

"Ahmadineschad ist auf Show eingestellt und wird sich diese Show auch in Deutschland nicht entgehen lassen. Ich glaube schlicht und einfach, dass es in der Tat rechtlich keine andere Möglichkeit gibt, als ihn einreisen zu lassen. Denn wenn man sagt, die Weltmeisterschaft hat nichts mit Politik zu tun, muss man sich daran halten. Das Motto dieser Weltmeisterschaft heißt ja: Die Welt zu Gast bei Freuden. Da sollen die Gastgeber jetzt ihre Freunde entsprechen empfangen – auch mit Demonstrationen." Daniel Cohn-Bendit, Fraktionschef der Grünen im Europaparlament

"Ahmadineschad darf auf keinen fall zur WM eingeladen werden. Er sollte offiziell als Persona non grata behandelt werden. Zudem sollte die Bundesanwaltschaft sehr sorgfältig prüfen, ob seine Äußerungen gegen den Paragrafen 130 des Strafgesetzbuches, die Holocaustleugnung, und gegen das internationale Verbot der Vorbereitung eines Angriffkrieges und des Völkermordes verstößt.
Schäuble kommt der traurige Ruhm zu, als erster Vertreter einer deutschen Bundesregierung einen aktiven und offenen Holocaust-Leuugner hofffähig gemacht zu haben." Micha Brumlik, Publizist und Professor für Erziehungswissenschaften

Donnerstag, 6. April 2006

'HOO-NA-RA': Zu Gast bei Feinden

Dass nicht alle Bewohner dieses Landes gewillt sind, der Welt ein guter Freund zu sein, zeigen vermehrt die antisemitischen und rassistischen Vorkommnisse in und außerhalb der Stadien.

 

Ralf Fischer / Mut gegen rechte Gewalt


Der nigerianische Fußballspieler Adebowale Ogungbure ist eigentlich schon so einiges gewohnt. Wenn er, der Abwehrchef des FC Sachsen Leipzig, seinen Arbeitsplatz betritt verfolgen ihn die von den gegnerischen Fans angestimmten Urwald- und Affengeräusche auf Schritt und Tritt. Manchmal werden dem 24-Jährigen auch Bananen hinterher geworfen, aber so schlimm wie letzte Woche bei dem Viertligaspiel gegen den Halleschen FC war es für ihn nach eigener Aussage "noch nie".

Mit dem Schlusspfiff der Partie – kurz vor Abpfiff gelang den Spielern des HFC noch der Ausgleich zum 2:2 - stürmten rund 200 Leipziger Ultras den Platz. Die zahlreich versammelte Polizei reagiert zwar umgehend und drängte die Leipziger recht schnell in ihren Block zurück. Doch das Chaos in der Zwischenzeit nutzten die Hooligans vom HFC um ebenfalls über die Absperrungen zu klettern und in Richtung Innenraum - und auf den Sachsen-Spieler Adebowale Ogungbure zu zustürmen.

Zuerst prasselt eine Schimpfwortkanonaden auf den Abwehrspieler ein, es fallen Worte wie "Drecks-Nigger, Affe, Bimbo, Scheiß-Neger", doch damit begnügten sich die HFC-Fans nicht. Ogungbure wird bespuckt und körperlich attackiert. Als ihm zu guter Letzt, von der Haupttribüne zum wiederholten Male Affenlaute entgegen dröhnen, reagiert der Nigerianer mit einem Zeichen, welches eigentlich nur den selbsternannten Kämpfer für die Reinheit der arischen Rasse vorbehalten ist.

Ogungbure formt zwei Finger zum Diktator-Bärtchen und reckt den rechten Arm zum Hitler-Gruß. Daraufhin ticken die Hools richtig aus. Eine Faust trifft Ogungbure am Hinterkopf. Dann wird er in ein Absperrgitter geschubst.

Das hat mit Fuß…

Ausreden für die rassistischen Übergriffe oder antisemitischen Hetzgesänge in den Stadien gibt es genügend. Vor allem von den jeweiligen Fangruppierungen und den Verantwortlichen im betroffenen Verein. Doch egal wie man es dreht oder wendet, man muss schon von Normalität sprechen, wenn es um solche Phänomene geht. Und zwar von einer gesellschaftlichen Normalität nicht nur in Deutschland.

Sport ist, auch wenn es gerne von einigen Ministerien so dargestellt wird, kein Zeitvertreib der automatisch die Fähigkeit zur Toleranz erhöht. Im Gegenteil, die Toleranz für die aktuell verfeindete Mannschaft geht zumeist dem Nullpunkt entgegen. Der Kampf um den Sieg, der bedingungslose Wettbewerb zwischen zwei Mannschaften ist Haupttriebfeder im Fußball. Nicht die Akzeptanz des Gegners, und erstrecht nicht antirassistische Motive.

Das hat mit Ball…

Ein aktuelles Beispiel für den Versuch ganzen Sportevents zu funktionalisieren legt derzeit die rechtsextreme NPD vor. Während die Partei einerseits Öffentlichkeitswirksam in der Presse lancieren lässt, dass sie aus Solidarität mit dem Iran, und vor allem mit dem für seine antisemitischen Ausfälle bekannten Präsidenten des Landes, während der WM in verschiedenen Städten Demonstrationen durchführen möchte, wirbt sie andererseits mit einem WM-Planer auf dem zu lesen ist: "WEIß - Nicht nur eine Trikot-Farbe - Für eine echte NATIONAL-Mannschaft".

Auf der Vorderseite des Planers ist das Trikot des Bremer Nationalspieler Patrick Owomoyela zu sehen. Owomoyela ist Sohn eines Nigerianers, und damit für die Neonazis kein Deutscher. Erstrecht kein deutscher Nationalspieler. Mit dieser Fußball-Provokation wandelt die NPD auf dem Pfad, die der neonazistische 'Schutzbund Deutschland' aus Ostdeutschland vor einigen Wochen angelegt hat. Zu dessen Führungsfiguren unter anderem der ehemalige NPD-Vorsitzende in Berlin-Brandenburg, Mario Schulz gehört. Die braune Propagandatruppe hatte unter anderem ein Plakat mit einer Abbildung des deutschen Fußballnationalspielers Gerald Asamoah in Umlauf gebracht, Überschrift: "Nein Gerald, Du bist nicht Deutschland - Du bist BRD!".

Das hat mit Fußball nichts zu tun!

Anklang findet diese Art der braunen Propaganda hauptsächlich im Hooligan-Milieu. Gerade in dieser Szene tummeln sich in letzter Zeit nach Angaben der Polizeibehörden immer mehr gewaltbereite Neonazis. In Sachsen, speziell in Chemnitz, hat diese Vermischung der Hooligan und Neonaziszene schon eine neue Parole zur Welt gebracht: 'HOO-NA-RA'.

'HOO-NA-RA' steht für 'Hooligans – Nazis – Rassisten' und ist nicht nur ihre Losung, sondern auch die ebenso treffende wie aufrichtige Selbstbezeichnung des lokalen Milieus aus Neonazis, Hools und Kleinkriminellen. Ob im Stadion von Chemnitz, auf der Straße oder während eines so genannten Fight Clubs, die Parole der sächsischen Hardcore-Rassisten ertönt überall wo diese sich gerade bewegen. Es ist ihnen eigentlich egal wo sie gerade ihren Hass verbreiten, die Hauptsache ist, dass ihnen jemand zuhört. Umso mehr, umso besser.

Und was für ein Zufall: Derzeit liegt die Hauptaufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf der kommenden Fußball-WM in Deutschland und damit auch auf die zu befürchtenden Krawalle von Fußballfans. Das wissen natürlich auch die Neonazis unter den Fußballfans wie auch die NPD.

Gesellschaftliches Gegensteuern

Die Taktik ist damit eigentlich offensichtlich. Während die rechtsextreme Partei auf der Suche nach einem Aufhänger um in die Öffentlichkeit zu kommen über die WM gestolpert ist, betreiben die neonazistischen Hooligans ihren alltäglichen Kampf gegen alles Undeutsche und freuen sich, wenn sie durch die Sensibilität der Presse im Vorfeld der WM noch häufiger als sonst ihre Hackfresse in einen Kamera halten können.

Schnelle Abhilfe dagegen liegt in utopischer Ferne. Einerseits wird es kein Polizeiaufgebot der Welt verhindern können, dass irgendwo auf einer Waldlichtung Hooligans aufeinander treffen, andererseits ist es auch nicht einmal mit den besten Überwachungsmöglichkeiten möglich nachzuweisen wer in einem Block nun genau angefangen hat mit den antisemitischen oder rassistischen Sprechchören.

Es ist eine Crux, wem wirklich am Herzen liegt, dass Neonazis, Stammtischrassisten und nationalistische Chauvinisten das Handwerk gelegt wird, der muss sich langfristig engagieren. Die kurzfristige Skandalisierung von neonazistischen Aktivitäten ist keinerlei Ersatz zur langfristige Projektarbeit.