Montag, 7. Mai 2007

Wohlklang wehrt sich gegen Vorwürfe

Antifaschisten demonstrierten gegen Pankower Nazikneipen

Ralf Fischer & Juri Eber / hagalil.com


Im Gedenken an die Befreiung vom Hitlerfaschismus vor 62 Jahren demonstrierten am Samstagabend rund 400 Antifaschisten vom S-Bahnhof Wollankstraße ausgehend durch den Stadtteil Pankow. Die Demonstration war Teil der "Liberation Weeks", die bereits am 13. April starteten. Der Protest der zumeist jugendlichen Antifas richtete sich auch gegen zwei Kneipen die aktuell als Anlaufstelle und Rückzugsraum für organisierte Neonazis genutzt werden...

Erst vor vier Monaten wurde der für die Linkspartei Lichtenberg in der BVV sitzende Kirill Jermak an einer Straßenbahnhaltestelle in der Niederschönhausener Dietzgenstraße von drei Neonazis angegriffen. Auf dem Boden liegend konnte Jermak sich mit Pfefferspray zur Wehr setzen. Einige der Angreifer flüchteten sich nach der Attacke in die Kneipe Spass Eck. Seit mehreren Monaten schätzen Pankower Antifaschisten diese Kneipe als den neuen Treffpunkt der lokalen Neonaziszene ein.

Ebenfalls als Treffpunkt für organisierte Rechte gilt den Nazigegnern die Kneipe Wohlklang in der Pankower Wollankstraße. Im letzten Jahres kam es zu zwei Übergriffen bei denen die rechtsextremen Angreifer aus dem Lokal stürmten. Nach Angaben der Antifa Pankow feierten im August 2006, in der Nacht vor dem Gedenkmarsch anlässlich des Todes von Hitlerstellvertreter Rudolf Hess in Berlin-Prenzlauer Berg, ungefähr 60 Neonazis im Wohlklang. Ein Teil der rechten Meute patroullierte an diesem Tag in der Umgebung um den Revieranspruch der Rechten zu verdeutlichen. Der Betreiber des Wohlklang wehrt sich gegen den pauschalen Vorwurf er betreibe eine Nazikneipe. Auf einem Transparent welches am Samstag an der Außenfront der Kneipe befestigt war, verwies der Besitzer darauf das seine Kneipe kein Treffpunkt für Rechtsextreme sei, sondern "Multikulti".

Am Rande der Demonstration störten immer wieder Kleingruppen organisierter Neonazis. Im Spass Eck sammelten sich schon im Vorfeld rund 15 rechtsexteme Störenfriede die von der Polizei in Schach gehalten wurden. Als die Demonstration an der Kneipe vorbeizog, wurden die Teilnehmer aus der Kneipe heraus abgefilmt. Mitglieder der Kameradschaftsszene filmten die protestierenden Antifaschisten aus einer fahrenden Straßenbahn heraus ab. Die Polizei konnte ein Zusammentreffen beider Gruppen verhindern. Insgesamt spricht die Einsatzleitung von einer störungsfreien Veranstaltung. Es wurden insgesamt nur drei Platzverweise erteilt.

Am 8. Mai veranstalten die Organisatoren der Liberation Weeks eine Kundgebung zum Gedenken an die Kapitulation Nazideutschlands am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park.

Samstag, 5. Mai 2007

Revolutionäre im Heuschreckenwahn

Antisemitismus, Antizionismus und Antiamerikanismus rund um den 1. Mai in Berlin

Ralf Fischer & Juri Eber / hagalil.com

In ganz Kreuzberg waren sie zu sehen: Plakate auf denen ein Vermummter seine Zwille auf einige Heuschrecken richtet, die gerade im Begriff sind mit ihren Fühlern ganz Berlin in Besitz zu nehmen. "Heuschrecken Alarm" prangerte als Überschrift auf dem Plakatmotiv. Kämpferisch ist auch ihre Antwort: "Nicht mit uns, ihr Schweine!"



Dass die Heuschrecke als Tiermetapher gern von eliminatorischen Antisemiten benutzt wird, fiel sogar einigen linken Mitstreitern der mobilisierenden Revolutionäre auf. Sie plakatierten über die darüber zum ersten Mai ein kleineres Plakat mit der Aufschrift: "Wer Menschen mit Ungeziefer vergleicht, hat aus der Geschichte nix gelernt. Gegen Rassismus und Antisemitismus. Fight Capitalism. Destroy Germany". 

Woraufhin auf dem linken Internetportal Indymedia eine recht aufschlussreiche Diskussion entbrannte. Tenor der Debatte: "Wer den Ungeziefer-Vergleich "antisemitisch" nennt, der transportiert und akzeptiert die Nazi-Gleichung: "Juden = Ungeziefer"."

Letztendlich ging die Intervention einiger antinationaler Linker in die Hose. Am Vorabend des 1. Mai versammelten sich rund 1500 Menschen auf dem Boxhagener Platz, um einem Konzert unter dem Motto "Gegen Yuppisierung und Umstrukturierung - G8 verhindern" beizuwohnen. Palästinensertücher gehörten hier ebenso zum guten Ton, wie die Personalisierung des Kapitalismus in Form von so genannten 'Yuppies' oder einzelnen 'Kapitalisten'. Auf einer vom Deutschen Gewerkschaftsbund organisierten Demonstration am nächsten Vormittag zeigten IG Metaller ihre Verbundenheit mit der jugendlichen Nachhut und so konnte man auf einem Transparent der IG Metall-Handwerker begutachten, wie ein kräftiger deutscher Handwerker dem dicken Kapitalisten den Marsch bläst, da er ihn in den Tarifverhandlung bisher immer nur 'unterdrückt' hat.

Äußerst passend steht über dem antisemitischem Comic auch die passende Parole für den diesjährigen 1. Mai: "Wir sind Deutschland". Die Punker am Vorabend auf dem Boxhagener Platz blieben noch auf halber Strecke stehen und riefen stattdessen ständig die 89-Parole "Wir sind das Volk".

Um Solidarität mit den unterschiedlichsten Volksbefreiungsbewegungen ging es dann am frühen Nachmittag in Kreuzberg. Auf der 13:00 Mai-Demonstration boten die Maoisten von den Revolutionären Kommunisten dasselbe Schauspiel, wie jedes Jahr. Mit Parolen wie "Internationaler Volksaufstand - Widerstand in jedem Land" oder "Sieg dem palästinensischen Widerstand - Werft die Besatzer aus dem Land" ließen sie die Intifada gegen den Staat Israel hoch leben. "Viva la Palästina" rufend zogen so rund 500 Demonstranten, unter anderem auch Mitglieder der MLPD, durch die Stadt.

Am Abend - während der Ausschreitungen - agierten islamistische Jugendbanden, die der Polizei lauthals "Hurensöhne" entgegneten, Seite an Seite mit organisierten Altautonomen oder jugendlichen Punker gegen die Polizei. Das diese Straßenkampfallianz kein Zufall ist, lassen die ideologischen Schnittmengen erahnen. 

Welche Potenz ein Bündnis zwischen antizionistischen Linken und Islamisten haben kann, kann man am ersten Mai nach Kreuzberg erleben. Hier keimt ein neues reaktionär-antikapitalistisches Bündnis, welches womöglich seine besten Zeiten noch vor sich hat ...