Dienstag, 26. Mai 2020

Dem Fernsehen beim Sterben zu sehen. Teil eins.

Eine alphabetische Reise durch eine lineare Welt

A – Aktenzeichen XYZ ungelöst

Beinahe unfassbar: Das visuell neu aufgehübschte, inhaltlich aber in den 50er Jahren hängen gebliebene Gruselkabinett ist immer noch fester Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramms. Mit dem Charme eines Oberscharführers moderiert Rudi Cerne im Abendprogramm diesen monatlich gesendeten Aufruf zur Denunziation, der die Bevölkerung so bereitwillig nach dem Telefon greifen lässt, wie sonst nur Teleshoppingkanäle.

Während statistisch die Kriminalität sinkt, lässt die Sendung den Zuschauer mit dem Gefühl zurück, dass jeder noch so kurze Urlaub zum zwangsläufigen Verlust des gesamten Hab und Gutes führen muss oder an jeder Ecke ein gemeingefährlicher Meuchelmörder nur darauf wartet, dem eigenen Leben ein qualvolles Ende zu bereiten. Die neuesten Ziele der Fernsehfahndung werden in Einspielern illustriert, in denen Laiendarsteller mühsam versuchen Authentizität vorzugaukeln. Ein Sujet, dass beim Fernsehpublikum den Effekt des Schreckens nur noch verstärkt.

Solche Strafverfolgungs-TV-Formate lösen entsprechend eher Panik im Hubraum der Gesellschaft aus, als dass sie zur Ergreifung der gesuchten Kriminellen führen. Trotzdem finden sich in den dritten Programmen eine Reihe weiterer Sendungen mit Namen wie Täter – Opfer – Polizei, bei deren Namensgebung schon mehr kriminelle Energie von Nöten war als bei einem Einbruch in das Bode-Museum.

Hier geht es weiter zum zweiten Teil...