Insgesamt zwölf Mitglieder wurden im vergangenen Monat offiziell in den Kreis ernannt. Dabei soll es sich laut Bundesinnenministerium um Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis, die eine breite fachliche Expertise zu Aspekten und Auswirkungen und der Prävention von Muslimfeindlichkeit in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen repräsentieren, handeln. Unter anderem wurden Saba-Nur Cheema von der Bildungsstätte Anne Frank, Prof. Dr. Iman Attia von der Alice Salomon Hochschule Berlin und Dr. Yasemin Shooman vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) berufen. Vor allem aber die Ernennung von Nina Mühe (CLAIM) in das Gremium rief jedoch größere Kritik hervor.
Dienstag, 27. Oktober 2020
Ohne Mühe
Donnerstag, 23. Juli 2020
Hessische Zustände
Der Rapper Haftbefehl schießt sich auf einem Provinzbahnhof selbst ins Bein - Ein Dramolett
Ralf Fischer / Neues Deutschland
Ein Schuss, ein Schrei und ein Anruf bei der Polizei. Am vergangenen
Freitag lief es nur mäßig für den Rapper Haftbefehl. Unter
»Drogeneinfluss« soll sich der 34-Jährige mit einer Schusswaffe eine
schwere, aber nicht lebensbedrohliche Verletzung zugezogen haben. Seinem
Bad-Boy-Image getreu, verweigerte »Hafti« die Zusammenarbeit mit den
herbeigerufenen Polizeikräften. Die genaueren Umstände des Vorfalles
sind deshalb ungeklärt. Durchsuchungen in einer Bar und dem Wohnsitz des
Rappers konnten nicht zur Klärung des Vorfalls beitragen.
Drogen, Waffen und Blut. Das Missgeschick des Aykut Anhan, wie
Haftbefehl bürgerlich heißt, war ein gefundenes Fressen für die lokalen
Medien. Lustvoll titelte die »Hessenschau«: »Rapper Haftbefehl schießt
sich selbst ins Bein.« Zum Glück ließ man nicht den Praktikanten, wie
sonst üblich zu dieser Uhrzeit, den Titel auswählen, sonst wären die
Worte »Knie« und »Schuss« in einer semantischen Dichte gefallen, die das
Elend des Lokaljournalismus perfekt illustriert und dessen Zustand als
Zombie des Informationsaustausches nur allzu deutlich gemacht hätte.
Wo das Elend am größten ist, werfen schlechte Nachrichten bekanntlich
die größten Schatten. Die Online-Ausgabe der »Offenbacher Post« richtete
einen Ticker ein, in dem die aktuellsten Neuigkeiten rund um den
bekanntesten Sohn der Stadt veröffentlicht wurden. Ein Spannungsbogen
wird dabei schmerzlich vermisst. Moritz von Uslar hatte noch einen Monat
zuvor für die »Zeit« »Deutschlands populärstem Gangster-Rapper« in der
Stadt seine Aufwartung gemacht. Selbstverständlich war es
hochnotpeinlich. Man traf sich im Industriepark. Niemand, der noch
halbwegs bei Verstand ist, möchte in Offenbach tot über dem Zaun hängen.
»Frankfurt am Main. Die Bankenstadt - Die Wolkenkratzermetropole, die
Kriminalitätshauptstadt«, so klingt eine Liebeserklärung an einen
Sehnsuchtsort für Gangster und Rapper. Blamabel für Anhan: Die
Schussverletzung hat er sich nicht im Frankfurter Bahnhofsviertel,
sondern am Bahnhof in Babenhausen zugefügt. Hier betreibt der
selbsternannte Babo seit Weihnachten 2015 eine Sisha-Bar. Das Umland des
Ortes wird laut Wikipedia zum Großteil ackerbaulich genutzt. Um die
Stadt herum verteilen sich mehrere Kiesgruben. Keine Wolkenkratzer weit
und breit. Nirgendwo sind Banken, die es sich lohnt zu überfallen. Die
Kriminalitätshauptstadt könnte wahrlich nicht weiter entfernt sein.
Derweil verrichtet die »Offenbacher Post« ihr Tagewerk. Im Ticker wird
spekuliert, »ob es sich bei dieser Aktion des Rappers gar um eine
Promo-Aktion« für sein neuestes Werk »Das Weisse Album« handelt. Eine
journalistische Bankrotterklärung. Haftbefehl ist ein Meister der
Selbstvermarktung. Sein Vermögen wird auf 1,5 Millionen Euro geschätzt.
Mit »DWA« erzielte er vor einem Monat seine erste Nummer eins in den
deutschen Hip-Hop-Charts als Solokünstler. Musikalisch ist das Album
über dem Durchschnitt anzusiedeln, aber dank der sich ständig
wiederholenden »Herabwürdigung von Armen, Schwachen und Frauen«, wie
Jakob Biazza in der »Süddeutschen Zeitung« zu Recht anmerkt, wahrlich
kein Ohrenschmaus. Der Rapper verschwende »sein Potenzial an
Kapitalismus-Hörigkeit«, konstatiert Biazza.
Die »Offenbacher Post« hat einen anderen Standpunkt. Nachzulesen im
Ticker. Wegen »seiner großen Heimatverbundenheit« und weil der Rapper
schließlich einer sei, »der es geschafft hat, erfolgreich zu sein«, wäre
im Zuge der Kolonialismus-Debatte eine Petition, die Bismarckstraße in
Offenbach nach Haftbefehl umzubenennen, sogar auf Zuspruch im Rathaus
gestoßen. Dies solle »Migrant*innen zeigen, dass sie auch erfolgreich
sein können«. Die Trauben in der Stadt an der hessischen Apfelwein- und
Obstwiesenroute hängen offenbar ziemlich tief.
Das Ende des Nachrichtenaufkommens zur tragischen Selbstverletzung des
Aykut Anhan steht sinnbildlich für den Stand der Integration von
hessischen Lokaljournalisten in eine Einwanderungsgesellschaft wie die
hiesige. Den von Haftbefehl aus dem Krankenhaus gesendeten Tweet
»Hamdullah mir geht’s gut!« übersetzt die Redaktion wohlmeinend für
jenen Teil der Landbevölkerung, der zumindest einen Internetanschluss
hat: »Hamdullah ist arabisch und bedeutet ›Gott sei Dank‹.« Ich schwöre,
in diesem Bundesland hat nicht nur die Polizei ein strukturelles
Problem.
Dienstag, 23. Juni 2020
Dem Fernsehen beim Sterben zu sehen. Teil fünf.
Eine alphabetische Reise durch eine lineare Welt
Polizisten sind Deutschlands ganzer Stolz. Ihre Darstellung in der Popkultur ist dementsprechend. Akkurat angezogen, spießig bis unter die Achseln und moralisch einwandfrei ermitteln Beamte im Fernsehen gegen kriminelle Kanaken. Ein ganz besonders verdorbenes Beispiel ist die Serie „Ein starkes Team“. Neben der schon im Titel mitschwingenden Verbrüderung zwischen Ost und West durfte als weitere Konzession gegenüber dem dummen Rest in der seit 1994 laufenden Produktion ein ostdeutscher Prolet als Kommissar mitspielen. Ein williger Ost-Schimanksi als Ersatz für den in der Zone nostalgisch verklärten Polizeiruf.
Die amateurhaften Kamerafahrten, in denen die Hauptstadt wie eine heruntergekommene Kleinstadt im Ruhrpott daherkommt, konterkarieren den Plot, der nach den Sternen zu greifen versucht. Für CSI Berlin bräuchte es aber nicht nur eine bessere Ausleuchtung, Dialoge, die nicht gestanzt daherkommen und gescheite Autoren, sondern zuerst einmal eine Idee von künstlerischer Freiheit. Intellektuell, wie auch ästhetisch.
Dienstag, 16. Juni 2020
Dem Fernsehen beim Sterben zu sehen. Teil vier.
Eine alphabetische Reise durch eine lineare Welt
Das lineares Fernsehen stirbt nicht allein wegen der Konkurrenz durch die Streaminganbieter aus, sondern weil die deutschen Programmmacher nichts weiter als angelernte Diebe sind. Ideen für neue Formate kupfern sie bei den britischen oder amerikanischen Kollegen ab. Was dort drüben Erfolg hat, so die Maxime, wird auch hier sein Publikum finden. Das führt zumindest dazu, dass viele Sendungen grundsolide produziert sind und nicht völlig am Geschmack des Mainstreams vorbeigehen. Aber das klappt nicht immer, siehe Dinnerdate.
Hier geht es weiter zum fünften Teil...
Dienstag, 9. Juni 2020
Dem Fernsehen beim Sterben zu sehen. Teil drei.
Eine alphabetische Reise durch eine lineare Welt
C - Corona-Comedy-TV
Als wäre
das ständige Aufeinanderhocken der gesamten Sippe in Quarantäne
nicht schon unerträglich, dürfen nun Comedysänger Mark Forster
oder Schlagercomedians wie Luke Mockdrige und Klaas Heufer Umlauf das
Not-und-Elend-Programm gestalten. Von ihren Wohnzimmern aus
langweilen sie ihr Publikum mit „interaktiven Shows“, gegen die
„Terrance und Phillip“ als gehobene Erwachsenenunterhaltung daher
kommt. C-Prominente, die über ihr Privatleben jedes noch so
belanglose Detail bereitwillig preisgeben, gibt es schon im Internet
wie einst Pornographie in einer gut sortierten Videothek. Die
Androhung zwischen den Werbeblöcken vermehrt solche
Billigproduktionen zu platzieren, wird den Untergang des linearen
Fernsehen nur noch beschleunigen.
Selbst bei Ausschaltung der
zweitgrößten Konkurrenz, The Real World, gelingt es den
Programmmachern nicht wirklich, die vergraulten Zuschauer
zurückzugewinnen. Es ist nicht wie mit der organisierten
Kriminalität, wenn diese ihre Konkurrenz ausschaltet, geht der
Absatz durch die Decke. Durch die Ausgangssperre wird vielen
ehemaligen TV-Junkies überhaupt erst klar, wie knapp sie einem
qualvollen Tod durch Langeweile entronnen sind. Wer ernsthaft mit den
Löwen über die Situation der Freiberufler diskutiert, der sieht
offensichtlich in seinem Leben keinerlei Sinn mehr. Hier ist dringend
Hilfe nötig, keine Häme. Just saying.
Hier geht es weiter zum vierten Teil...
Dienstag, 2. Juni 2020
Dem Fernsehen beim Sterben zu sehen. Teil zwei.
Eine alphabetische Reise durch eine lineare Welt
Die traditionelle Fachsendung für
Schnauzbartträger und Dackelliebhaber ist ein fester Bestandteil des
Rund-um-sorglos-Paketes im Nachmittagsprogramm des ZDF. Hier ist zwar
nicht die Welt, aber zumindest noch Deutschland in Ordnung. Auf
diesem Sendeplatz können sich die neuen Biedermeier von dem Plunder,
den ihnen ihre Verwandten vererbten, geräuschvoll und medienwirksam
trennen. Erstaunlicherweise schaut die gut betuchte Rentnerschaft
gern dabei zu, wie ihre Kinder und Enkel mit den mühevoll über die
Zeit geretteten Antiquitäten zum Teil noch vor ihrem Ableben
hausieren gehen oder die auf dem Dachboden gefundene Beutekunst zu
Asche machen.
Wenn dann bei Bares für Rares die achtzig Jahre
alte Brosche, ein unschätzbares Familienerbstück, welches einst die
Großmutter vom Großvater geschenkt bekam, nachdem dieser sie so
tapfer in Frankreich erbeutete, von den Enkel völlig ungeniert vor
aller Augen zu Geld gemacht wird, blamiert sich zumindest die
hierzulande gern geschwungene Rede von der Tradition. Der
Verwendungszweck des erbeuteten Geldes ist dann auch so schnöde, wie
die Verkäufer selbst. Dieses soll dann zumeist für die Reparatur
des Eigenheims, die Aufbesserung der Urlaubskasse oder das zehnte
Semester der Enkeltochter herhalten. Anstatt das
Kommunikationsstudium endgültig zu stornieren, wird das mit
Brillanten besetzte Schmuckstück bereitwillig den fünf von der
Pfandstelle in den Rachen geworfen. Unter Wert, in jeglicher
Hinsicht.
Hier geht es weiter zum dritten Teil...
Dienstag, 26. Mai 2020
Dem Fernsehen beim Sterben zu sehen. Teil eins.
Eine alphabetische Reise durch eine lineare Welt
Beinahe unfassbar: Das visuell neu aufgehübschte, inhaltlich aber in den 50er Jahren hängen gebliebene Gruselkabinett ist immer noch fester Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramms. Mit dem Charme eines Oberscharführers moderiert Rudi Cerne im Abendprogramm diesen monatlich gesendeten Aufruf zur Denunziation, der die Bevölkerung so bereitwillig nach dem Telefon greifen lässt, wie sonst nur Teleshoppingkanäle.
Solche Strafverfolgungs-TV-Formate lösen entsprechend eher Panik im Hubraum der Gesellschaft aus, als dass sie zur Ergreifung der gesuchten Kriminellen führen. Trotzdem finden sich in den dritten Programmen eine Reihe weiterer Sendungen mit Namen wie Täter – Opfer – Polizei, bei deren Namensgebung schon mehr kriminelle Energie von Nöten war als bei einem Einbruch in das Bode-Museum.
Hier geht es weiter zum zweiten Teil...