Samstag, 5. Mai 2007

Revolutionäre im Heuschreckenwahn

Antisemitismus, Antizionismus und Antiamerikanismus rund um den 1. Mai in Berlin

Ralf Fischer & Juri Eber / hagalil.com

In ganz Kreuzberg waren sie zu sehen: Plakate auf denen ein Vermummter seine Zwille auf einige Heuschrecken richtet, die gerade im Begriff sind mit ihren Fühlern ganz Berlin in Besitz zu nehmen. "Heuschrecken Alarm" prangerte als Überschrift auf dem Plakatmotiv. Kämpferisch ist auch ihre Antwort: "Nicht mit uns, ihr Schweine!"



Dass die Heuschrecke als Tiermetapher gern von eliminatorischen Antisemiten benutzt wird, fiel sogar einigen linken Mitstreitern der mobilisierenden Revolutionäre auf. Sie plakatierten über die darüber zum ersten Mai ein kleineres Plakat mit der Aufschrift: "Wer Menschen mit Ungeziefer vergleicht, hat aus der Geschichte nix gelernt. Gegen Rassismus und Antisemitismus. Fight Capitalism. Destroy Germany". 

Woraufhin auf dem linken Internetportal Indymedia eine recht aufschlussreiche Diskussion entbrannte. Tenor der Debatte: "Wer den Ungeziefer-Vergleich "antisemitisch" nennt, der transportiert und akzeptiert die Nazi-Gleichung: "Juden = Ungeziefer"."

Letztendlich ging die Intervention einiger antinationaler Linker in die Hose. Am Vorabend des 1. Mai versammelten sich rund 1500 Menschen auf dem Boxhagener Platz, um einem Konzert unter dem Motto "Gegen Yuppisierung und Umstrukturierung - G8 verhindern" beizuwohnen. Palästinensertücher gehörten hier ebenso zum guten Ton, wie die Personalisierung des Kapitalismus in Form von so genannten 'Yuppies' oder einzelnen 'Kapitalisten'. Auf einer vom Deutschen Gewerkschaftsbund organisierten Demonstration am nächsten Vormittag zeigten IG Metaller ihre Verbundenheit mit der jugendlichen Nachhut und so konnte man auf einem Transparent der IG Metall-Handwerker begutachten, wie ein kräftiger deutscher Handwerker dem dicken Kapitalisten den Marsch bläst, da er ihn in den Tarifverhandlung bisher immer nur 'unterdrückt' hat.

Äußerst passend steht über dem antisemitischem Comic auch die passende Parole für den diesjährigen 1. Mai: "Wir sind Deutschland". Die Punker am Vorabend auf dem Boxhagener Platz blieben noch auf halber Strecke stehen und riefen stattdessen ständig die 89-Parole "Wir sind das Volk".

Um Solidarität mit den unterschiedlichsten Volksbefreiungsbewegungen ging es dann am frühen Nachmittag in Kreuzberg. Auf der 13:00 Mai-Demonstration boten die Maoisten von den Revolutionären Kommunisten dasselbe Schauspiel, wie jedes Jahr. Mit Parolen wie "Internationaler Volksaufstand - Widerstand in jedem Land" oder "Sieg dem palästinensischen Widerstand - Werft die Besatzer aus dem Land" ließen sie die Intifada gegen den Staat Israel hoch leben. "Viva la Palästina" rufend zogen so rund 500 Demonstranten, unter anderem auch Mitglieder der MLPD, durch die Stadt.

Am Abend - während der Ausschreitungen - agierten islamistische Jugendbanden, die der Polizei lauthals "Hurensöhne" entgegneten, Seite an Seite mit organisierten Altautonomen oder jugendlichen Punker gegen die Polizei. Das diese Straßenkampfallianz kein Zufall ist, lassen die ideologischen Schnittmengen erahnen. 

Welche Potenz ein Bündnis zwischen antizionistischen Linken und Islamisten haben kann, kann man am ersten Mai nach Kreuzberg erleben. Hier keimt ein neues reaktionär-antikapitalistisches Bündnis, welches womöglich seine besten Zeiten noch vor sich hat ...

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