Dienstag, 2. Juni 2020

Dem Fernsehen beim Sterben zu sehen. Teil zwei.

Eine alphabetische Reise durch eine lineare Welt


B – Bares für Rares

Die traditionelle Fachsendung für Schnauzbartträger und Dackelliebhaber ist ein fester Bestandteil des Rund-um-sorglos-Paketes im Nachmittagsprogramm des ZDF. Hier ist zwar nicht die Welt, aber zumindest noch Deutschland in Ordnung. Auf diesem Sendeplatz können sich die neuen Biedermeier von dem Plunder, den ihnen ihre Verwandten vererbten, geräuschvoll und medienwirksam trennen. Erstaunlicherweise schaut die gut betuchte Rentnerschaft gern dabei zu, wie ihre Kinder und Enkel mit den mühevoll über die Zeit geretteten Antiquitäten zum Teil noch vor ihrem Ableben hausieren gehen oder die auf dem Dachboden gefundene Beutekunst zu Asche machen.

Wenn dann bei Bares für Rares die achtzig Jahre alte Brosche, ein unschätzbares Familienerbstück, welches einst die Großmutter vom Großvater geschenkt bekam, nachdem dieser sie so tapfer in Frankreich erbeutete, von den Enkel völlig ungeniert vor aller Augen zu Geld gemacht wird, blamiert sich zumindest die hierzulande gern geschwungene Rede von der Tradition. Der Verwendungszweck des erbeuteten Geldes ist dann auch so schnöde, wie die Verkäufer selbst. Dieses soll dann zumeist für die Reparatur des Eigenheims, die Aufbesserung der Urlaubskasse oder das zehnte Semester der Enkeltochter herhalten. Anstatt das Kommunikationsstudium endgültig zu stornieren, wird das mit Brillanten besetzte Schmuckstück bereitwillig den fünf von der Pfandstelle in den Rachen geworfen. Unter Wert, in jeglicher Hinsicht.

Hier geht es weiter zum dritten Teil...

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