Dank US-amerikanischer Radiosender und westdeutscher
Fernsehsendungen schwappten die neuesten Klänge aus den Vereinigten
Staaten Mitte der 80er Jahre auch in den besonders gut abgeschirmten
östlichen Teil Deutschlands. Die von einem staatlichen
Konformitätsdruck gebeutelte Jugend in der DDR gelangte beinahe
gleichzeitig mit ihren Brüdern und Schwestern im Westen an die
ersten popkulturellen Produkte der neuen Musikrichtung.
Jedoch
galt die Betätigung als Sprüher oder Rapper für die Staatsmacht
als äußerst suspekt. Nur beim Breakdance wich die harsche Reaktion
des Obrigkeitsstaats in den ersten Jahren schnell einer integrativen
Einbindung als Tanzkunst in das enge Korsett der staatlichen
Kulturproduktion und die zentral koordinierte Jugendarbeit.
Rebellisch und gleichzeitig konformistisch war Hip-Hop in der DDR ein
Jugendphänomen, welches die Sehnsucht nach Freiheit ebenso zum
Ausdruck brachte wie die unglaubliche Kreativität der vom Westen
abgeschirmten Bevölkerung.
Wie selbstverständlich waren die
amerikanischen Implikationen des Glücksversprechens mit der
Sehnsucht nach einer Flucht in den Westen gekoppelt, konnten sich
öffentlich aber nur im Rahmen der staatlich verordneten und
überwachten Freizeitgestaltung ausdrücken. Dieser Widerspruch wurde
von den staatlichen Organen nur durch die Erzählung, wonach Hip-Hop
ein Ausdruck der unterdrückten schwarzen Massen in den USA sei,
halbwegs übertüncht.
Die Darstellung der Armenviertel in den
US-amerikanischen Großstädten in Filmen wie „Wildstyle“ und
„Beatstreet“ schreckten aber nicht, wie von der Parteiführung
geplant, die Jugend ab, vielmehr faszinierte sie die bunten
Turnschuhen wie die individuelle Freiheit der Darstellenden
gleichermaßen.
Der freie Journalist Ralf Fischer spannt in
seinem Vortrag einen Bogen von den popkulturellen Anfängen des Raps
in der DDR über die Diskrepanz zwischen rebellischem und
konformistischem Jugendphänomen bis hin zu den ersten Begegnungen
zwischen ost- und westdeutschen Vertretern der Subkultur.
Termine:
4. März 2023 / 20 Uhr / Druckluft Oberhausen
9. März 2023 / 20 Uhr / Bajszel Berlin