Dienstag, 23. Juni 2020

Dem Fernsehen beim Sterben zu sehen. Teil fünf.

Eine alphabetische Reise durch eine lineare Welt


E - Ein starkes Team

Polizisten sind Deutschlands ganzer Stolz. Ihre Darstellung in der Popkultur ist dementsprechend. Akkurat angezogen, spießig bis unter die Achseln und moralisch einwandfrei ermitteln Beamte im Fernsehen gegen kriminelle Kanaken. Ein ganz besonders verdorbenes Beispiel ist die Serie „Ein starkes Team“. Neben der schon im Titel mitschwingenden Verbrüderung zwischen Ost und West durfte als weitere Konzession gegenüber dem dummen Rest in der seit 1994 laufenden Produktion ein ostdeutscher Prolet als Kommissar mitspielen. Ein williger Ost-Schimanksi als Ersatz für den in der Zone nostalgisch verklärten Polizeiruf.

Das als Wiedervereinigungskrimi konzipierte Drama aus der gefühlten Weltstadt sollte als moralische Erbauung für sich als abgehängt fühlende Menschen mit ostdeutschem Migrationshintergrund fungieren. Aber es war wie in der Politik: Gespart wurde an den menschlichen Arbeitskraftbehältern wie Autoren, Schauspielern und Producern, nicht an Vorurteilen. Die Drehbücher sind mit einer eingebauten Klischeeachterbahn versehen, an deren Ende zielgenau der italienische Mafioso oder der osteuropäische Schläger als einzig plausible Täter in Frage kommen.

Die amateurhaften Kamerafahrten, in denen die Hauptstadt wie eine heruntergekommene Kleinstadt im Ruhrpott daherkommt, konterkarieren den Plot, der nach den Sternen zu greifen versucht. Für CSI Berlin bräuchte es aber nicht nur eine bessere Ausleuchtung, Dialoge, die nicht gestanzt daherkommen und gescheite Autoren, sondern zuerst einmal eine Idee von künstlerischer Freiheit. Intellektuell, wie auch ästhetisch.

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